Das Marienheim in Eschlkam

Schulstr. 12, 93458 Eschlkam

Im Jahre 1928 regte der Diözesan-Caritasverband Regensburg die Errichtung einer Schwesternstation in Eschlkam an. Der Bayerische Staat stellte im Rahmen der Osthilfe des Deutschen Reiches zu diesem Zwecke Finanzmittel zur Verfügung.

Am 26. August 1929 fand im Rathaus Eschlkam die erste Besprechung wegen eines Trägervereins für die Schwesternstation statt. Der Verein wurde im Mai 1930 gegründet und ins Vereinsregister beim Amtsgericht Neukirchen b. Hl. Blut eingetragen. Er erhielt den Namen „Marienheim – Pfarrcaritas – Eschlkam e. V.“  Laut Satzung erfüllt der Verein den Zweck, „im Rahmen seiner Möglichkeiten alle Werke der Caritas in der Pfarrei Eschlkam zu fördern, das Marienheim mit Kindergarten, den Pfarrsaal, die Schwesternwohnung und die ambulante Krankenpflegestation zu führen und zu unterhalten.“

Bei der ersten Generalversammlung am 27. August 1930 beschloss man die Vereinssatzung. Am nächsten Tag erwarb Vorsitzender Pfarrer Alois M. Obermeier vom Ehepaar Josef und Kreszenz Obermeier um 7400.- RM das Kellerwirtshaus am Leminger Weg, Fl.Nr.184, Hs.Nr.2 ½ und gab dem Gebäude den Namen „Marienheim“ gemäß seinem Leitspruch: „Mit Maria ist uns alles zugleich gegeben, alles für Maria, alles mit Maria, alles durch Maria“.  Die Kellerwirtin erhielt von Pfarrer Alois M. Obermeier auf Lebenszeit eine Wohnung im „Kobel“ über dem Burgtor.  

Noch im gleichen Jahr fertigte H. Seydel vom Bezirksamt Kötzting Pläne für den Umbau und für die Erweiterung des Marienheimes. In den Jahren 1930/31 ließ Pfr. Alois M. Obermeier die geplanten Umbaumaßnahmen für Schwesternwohnung, Kinderbewahranstalt, Koch- und Nähschule vornehmen und daran anschließend einen geräumigen Saal errichten, um Lehrkurse abhalten und kirchlichen Vereinen und Kongregationen Versammlungsmöglichkeiten bieten zu können.

Am 8. Mai 1931 bereitete die Pfarrgemeinde den Ehrwürdigen Schwestern aus dem Mutterhaus St. Josef in Neumarkt/Opf. einen herzlichen Empfang: Oberin Sr. Appia, Sr. Borromäa, Sr. M. Fidelis und Kandidatin Anna Osiander. Bereitwillig und unermüdlich nahmen sie alle anfallenden Aufgaben an, gaben Zeugnis im Glauben und in der Nächstenliebe. So wurde das Marienheim zum Mittelpunkt für die ganze Pfarrei.

Die Aufgabenbereiche der Schwestern wechselten nach den Bedürfnissen der Bevölkerung. Im Kindergarten und in der ambulanten Krankenpflege waren die Schwestern durchgängig bis zur Auflösung der Schwesternstation tätig. 1932 wurde Sr. Remigia vom Mutterhaus geschickt, die von der Regierung als Stricklehrerin für die Mädchen an der Volksschule angestellt wurde. Bald eröffneten die Schwestern die Koch- und Nähschule im Marienheim. Diese Einrichtungen wurden vom Bayerischen Arbeitsministerium gefördert, so dass für die Schwestern und somit für den Marienheimverein eine finanzielle Absicherung gegeben war. In den Wintermonaten der folgenden Jahre unterrichteten die Handarbeitsschwestern die Mädchen im Nähen, Stricken, Häkeln und in anderen Hausfrauenarbeiten.  Nebenbei wurde 20 Mädchen das Zither-, Lauten- und Mandolinenspiel beigebracht. Zudem betrieben die Schwestern eine Paramentenstickerei, besorgten die Kirchenwäsche, häkelten Spitzen für die Altardecken, stellten Chorröcke und Alben her. Auf Initiative von Sr. Seraphine wurden anfangs der fünfziger Jahre im Marienheimsaal Ausstellungen durchgeführt, die über die Vielfalt der Handarbeitsarbeiten Zeugnis gaben.

In der Kochschule erfolgte ab 1932 die Kinderspeisung, bei der täglich rund 40 Kindern eine warme Mahlzeit kostenlos verabreicht wurde. Seit 1935 fand im Marienheim die Mütter- und Säuglingsberatung statt, die ein Arzt und eine Fürsorgeschwester vom Gesundheitsamt Kötzting durchführten. Die Beratungsräume richtete der Verein entsprechend her. Diese Beratung wurde bis in die siebziger Jahre abgehalten. 1940/41 mussten fünf aus Hamburg evakuierte Buben untergebracht und versorgt werden. Auf Wunsch des Pfarrers Josef Pongratz übernahm die Schwester Maria Hilda 1945 auch das Hostienbacken für Eschlkam, Warzenried, Neukirchen b. Hl. Blut, Rittsteig und kurzzeitig auch für Neumark und Maxberg, da diese Pfarreien keine Hostien mehr geschickt bekamen.

1938 begannen für die Schwestern stürmische Zeiten. In den Kindergartenräumen quartierte man Soldaten ein, die Kranken unter ihnen mussten versorgt und gepflegt werden. Die Kinderschule wurde geschlossen und der Handarbeitsunterricht von der Regierung aufgehoben. Damit war den Schwestern größtenteils die Existenzgrund¬lage genommen. Ab 1940 übernahmen die Schwestern für 50 bis 60 Kinder die Schulspeisung. In der „Lazarettküche“ kochte man für 45 verwundete Soldaten und für bis zu 230 Flüchtlinge. Nach dem Krieg setzte die US-Militärregierung Pfarrer J. Pongratz als Nachkriegslandrat an die Spitze des Landkreises Kötzting. Pongratz regierte den Landkreis zum Nutzen und Wohl der Bewohner in sozialer und politischer Hinsicht von 1946 bis 1948. Besonders kümmerte er sich um die ca. 20000 Flüchtlinge im Landkreis, die teils in überfüllten Wohnungen oder in Elendsquartieren untergebracht waren. Im Marienheim ließ Pfarrer J. Pongratz die sog. „Volksküche“ für die Heimatvertriebenen, die in Eschlkam oder in den Dörfern der Umgebung eine erste Zuflucht fanden, und für bedürftige kranke und alte Menschen der Pfarrei einrichten. So gab man z. B. aus zwei aufgestellten Militärkochkesseln in 14 Wochen ca. 15000 Essen aus. Die notwendigen Lebensmittel waren vorhanden, ohne dass jemand wusste, woher sie kamen. Eines Tages brachte ein Lastwagen schmutzige Militäruniformen, ein weiterer Lastwagen Fallschirmseide und zwei Ballen feinere Stoffe. Aus diesen Materialien nähten Flüchtlingsfrauen unter Anleitung der Handarbeitsschwester Kinderkleider und Frauengewänder. Die Schwestern haben mit der Bevölkerung und den Flüchtlingen in Kriegs- und Nachkriegszeiten Ängste und leibliche Not durchgestanden. Das Marienheim wurde in all den Jahren zur Stätte der Begegnung und zum Segen für die ganze Gegend.

Am 1. Mai 1946 wurde der Kindergartenbetrieb mit Sr. Maria Fidelis aufgenommen und unter Sr. Eucarpia 1951 weitergeführt. Auch der Krankenpflegedienst sowie die Koch- und Nähschule liefen wieder an. Im Jahre 1950 ließ Pfarrer Josef Pongratz die Theaterbühne am Saal anbauen. Die katholische Jugend verfügte nun über eine Bühne, die allen Anforderungen entsprach. Die Direktoren der Porzellanfabrik Bauscher in Weiden stellten zwei große Kisten Tischgeschirr zur Verfügung, so dass sogar zwei Primizen im Marienheim ausgekocht werden konnten. So ging es allmählich wieder aufwärts, die Krankenschwester erhielt zunächst ein Motorrad, später ein Auto. Am Heiligabend 1959 starb Sr. Appia Blab. Sie hatte 28 Jahre lang das Marienheim als Oberin geleitet und durch die „problematischste“ Zeit der Kriegs- und Nachkriegswirren geführt. Nach segensreicher Arbeit fand sie ihre letzte Ruhestätte auf dem Friedhof in Eschlkam.

Mangels Bewerberinnen lief die Koch- und Nähschule am 1. Mai 1969 aus. Das Mutterhaus entsandte nun Katechetinnen. Ab 1. September 1969 unterrichteten Sr. Godefrieda und später Sr. Fidelis bis zum Schuljahr 1986/87 als Religionslehrerinnen an der Waldschmidtschule Eschlkam. Sr. Fidelis gründete zudem einen Kinderchor und trat bei vielen Veranstaltungen und Gottesdiensten zur Freude der Besucher mit ihren „Jakobsspatzen“ auf. Zahlreiche andere kirchliche Dienste versahen die Schwestern für ein „Vergelt`s Gott“.

Unter Vorsitzendem Pfarrer Johann Fischer und seinem Stellvertreter Georg Rötzer erwarb der Marienheimverein 1967 durch Ankauf und Tausch ein Grundstück für den Bau eines neuen Kindergartens. Die Planung erfolgte durch den Architekten Gunther Wahl, Kötzting-Haus. Er hatte auch die Bauaufsicht inne. Am 10. Mai 1970 weihte H.H. Prälat Kuffner den neuen, zeitgemäßen Kindergarten ein. Für die Belange des Kindergartens waren die einzelnen Gemeinden des Pfarrsprengels sehr aufgeschlossen und waren bereit, ihren Anteil beizusteuern. Ein Jahr später begann man mit dem Umbau und der Renovierung des Marienheimes. Die Einweihung des Schwesternhauses mit der Marienheimkapelle und dem Pfarrsaal erfolgte am 20. Juni 1971 beim 40-jährigen Jubiläum der Schwesternstation. Auch dieser Einrichtung standen die Gemeinden wohlwollend gegenüber. So stiftete z. B. die Gemeinde Kleinaign auf Betreiben von Bürgermeister Peter Adam einen vom Kötztinger Kunstmaler August Philipp Henneberger geschaffenen Kreuzweg für die Schwesternkapelle, wobei der Künstler den Stifter auf der 5. Station als Simon von Cyrene darstellte.
Während der Amtszeit von Pfarrer Johann Fischer wurden im Pfarrsaal auch Ehekurse für Brautleute abgehalten. 1985 konnte der Anbau an den Marienheimsaal als Verbindungsstück zum Kindergartengebäude durchgeführt werden. Dieser Zwischenbau war recht gut gelungen, zumal ein schützender Vorraum für den Kindergarten entstand und gleichzeitig das Vordach des Kindergartens saniert werden konnte. Zugleich hat man eine passende Küche zum Marienheimsaal erhalten. Im Jahre 1989 wurde unter Pfarrer Fischer der Kindergartenanbau mit Turnraum in Angriff genommen und unter Pfarrer Georg Flierl fertig gestellt. 1996 planten die Architekten Anton Plöderl, Eschlkam und Thomas Lemberger, Furth im Wald das separate Treppenhaus, die Generalsanierung des Marienheimes und die Modernisierung der Schwesternwohnung und überwachten die Baumaßnahmen, die sich über das Jahr 1997 erstreckten. Geduldig ertrugen die Schwestern Lärm und Staub, halfen tatkräftig und selbstlos bei den Aufräum- und Reinigungsarbeiten mit und erledigten folgedessen unzählige Aufgaben bis tief in die Nacht hinein.

Nur kurze Zeit konnten die Schwestern die schönen Wohnräume mit Nasszellen genießen. Aufgrund des fehlenden Ordensnachwuchses war die Provinzleitung gezwungen, die Schwesternstation in Eschlkam aufzulösen. In den 69 Jahren seit der Gründung der Station wirkten 43 Schwestern in Eschlkam. Am 20. August 2000 verabschiedeten der Marienheimverein sowie die einzelnen Gremien der Pfarrei die Niederbronner Schwestern Sr. Rita (Oberin, Kindergartenleitung), Sr. Anselma (ambulante Krankenpflege) und Sr. Hilde-Maria (Haus, Küche, Garten) schweren Herzens.

Mit der Verabschiedung der Ordensschwestern verlor der Marienheimverein zwar eine tragende Säule, aber deren Engagement und Begeisterung ging auf das welt-liche Personal im Kindergarten und in der Krankenpflege über.

Text: Peter Adam

Quellen:
Chronik des Marienheimvereins e.V.
Josef Pongratz, Eschlkam, P. Schrott, Furth i.W. , 1973
Kötztinger Zeitung, 16. Mai 1991 und 23. August 2000

In: HG Marktgemeinde Eschlkam, Eschlkam in neuer Zeit 2011, Bd. II, S.151ff, Perlinger Druck Furth im Wald